Baby-Ernährung, Fruchtsaftkonzentrat und Stevia
Ebikon, 4. Dezember 2025 – Da hatten Ulrike und Sascha ein Buch geschrieben: 1000 Tage. Und da erscheint, Jahre später, genau zu diesem Thema ein schulmedizinischer Newsletter. Das nehmen wir zum Anlass, Sascha Fragen zu stellen. Aber nur drei.

«Sugar, Baby» betitelt das renommierte Portal DocCheck seinen Beitrag zum 1.000-Tage-Effekt. Dieser Effekt, so schreibt DocCheck, betreffe die frühkindliche Ernährung und die der Mutter. Diese Zeitspanne sei wichtig, das werde immer klarer. DocCheck führt zwei Analysen an, die zeigen, dass diese 1000 Tage die Entwicklung von Adipositas, Typ-2-Diabetes und psychischen Erkrankungen beeinflussen. Sehr lesenswert, siehe Link unten. Die Empfehlung von Sascha Inderbitzin: Stevia, Baby. — Bild: Freepik
Sascha Inderbitzin, in den ersten 1000 Tagen geht es unter anderem um ein Thema mit einem andauernden Allzeithoch: Zucker, wie könnte es anders sein. Siehst du in deiner Praxis einen Trend, dass deine PatientInnen Zucker reduzieren?
Es gibt eine Bewegung hin zu weniger Zucker, auch vor und während Schwangerschaft, sowie in der frühen Kindheit. Aber nicht mit der Geschwindigkeit oder Konsequenz, die angesichts der Datenlage wünschenswert wäre. In meiner täglichen Arbeit sehe ich viele Frauen, die Zucker bewusst reduzieren, gerade mit Kinderwunsch oder in der Schwangerschaft. Sie spüren, wie stark Zucker ihre Energie und ihr Körpergewicht beeinflusst. Gleichzeitig erlebe ich, dass viele gar nicht wissen, wie viel versteckter Zucker in vermeintlich «gesunden» Lebensmitteln steckt – besonders in Baby- und Kinderprodukten.
Wie passen Zuckerersatzprodukte dazu?
Zuckerersatzprodukte können Teil einer Strategie sein – aber sie dürfen nicht der zentrale Hebel sein. Für Schwangerschaft und frühe Kindheit gilt: Fokus muss auf qualitativ hochwertige Ernährung mit wenig zugesetztem Zucker, gute Makro-/ Mikronährstoffversorgung sowie begrenztem Geschmack nach Süssem gelegt werden. Ersatzstoffe helfen situativ, aber ersetzen keinen fundamentalen Ernährungsansatz.
Ein grosses Problem sind Fruchtsaftkonzentrate, etwa aus Trauben oder Äpfeln. Sie werden gerne als «natürliche Süsse» vermarktet, wirken im Körper aber genauso wie Zucker. Chemisch sind sie nichts anderes als konzentrierte Fruktose und Glukose – reine Energie ohne Ballaststoffe oder Nährwert. Der Stoffwechsel reagiert darauf identisch wie auf Haushaltszucker: Der Blutzucker steigt, Insulin wird ausgeschüttet, der Süssreflex bleibt aktiv. Für Babys, Kinder oder Schwangere ist das kein Unterschied – im Gegenteil, Fruktose belastet zusätzlich den Leberstoffwechsel und kann langfristig Insulinresistenz fördern.
Ganz wichtig: Fruchtsaftkonzentrat ist nicht gleichzusetzen mit einer Frucht. Wenn ein Baby oder eine Mutter einen Apfel oder eine Birne isst, kommt die Süsse eingebettet in Ballaststoffe, Enzyme und sekundäre Pflanzenstoffe. Diese Kombination verlangsamt die Zuckeraufnahme, stabilisiert den Blutzucker und versorgt den Körper mit echten Nährstoffen. Beim Saft oder Konzentrat bleibt nur die Süsse – ohne das, was die Frucht ursprünglich ausmacht.
Ich persönlich finde Stevia und Erythrit als Süssungsmittel ideal – auch langfristig. Beide sind körperverträglich, stoffwechselneutral und naturheilkundlich gut vertretbar. Stevia ist pflanzlich und energetisch neutral, Erythrit leicht kühlend und basisch – ideal, um Zucker dauerhaft zu ersetzen, ohne die Bauchspeicheldrüse oder den Stoffwechsel zu belasten. Wenn ein Tee, mit Stevia oder Erythrit gesüsst, ein Dessert ersetzt, ist das eine hervorragende Lösung: Du gönnst dir bewussten Genuss, ohne Blutzuckerspitzen oder Heisshunger auszulösen. Genau das stabilisiert den Stoffwechsel und unterstützt hormonelle Balance – vor allem in sensiblen Phasen wie Schwangerschaft und Stillzeit.
Aus naturheilkundlicher Sicht geht es nicht um strikten Verzicht, sondern um Regulation und Bewusstsein. Stevia und Erythrit sind keine Notlösungen, sondern eine dauerhafte, stabile und gute Form bewussten Süssens. Wichtig ist, dass Süsse wieder als Genuss verstanden wird – nicht als tägliche Grundnahrung.
Hat die Baby-Ernährungsbranche dazu gelernt?
Die Babyernährungsbranche hat das Thema Zuckerreduktion zwar erkannt, aber noch nicht wirklich umgesetzt. Viele Produkte tragen Etiketten wie «ohne Zuckerzusatz», enthalten aber Fruchtsaftkonzentrat oder andere versteckte Zuckerformen. Das ist Marketing, kein echter Wandel.
Genau hier setzt das «1000-Tage-Buch» an. Es schafft Bewusstsein in der Phase, in der Ernährung die Weichen für lebenslange Gesundheit stellt – in Schwangerschaft, Stillzeit und früher Kindheit. Wer in dieser Zeit versteht, wie Ernährung Stoffwechsel, Hormonbalance und Geschmacksvorlieben prägt, kann Gesundheit aktiv gestalten – nicht durch Verzicht, sondern durch Klarheit, Wissen und bewusste Entscheidungen.

Sascha Inderbitzin Türler
Über zehn Jahre war sie Babyfood-Managerin in einem Grosskonzern, seit da ist ihr klar, was sie ihrem Kind auftischen will, und was nicht. Sie war zwei Jahre auf Weltreise, ist dipl. Naturheilpraktikerin TCM und hat einen Master of Sciene in Ernährungswissenschaften. Ihre Website: https://saschainderbitzin.com/

