Chiasamen vs. Leinsamen: Was ist gesünder?
Ebikon/Hitzkirch, 3. November 2025 — Ballaststoffe, Omega-3-Fettsäuren, Calcium, Magnesium: Sowohl Chia- wie auch Leinsamen stecken voller Gesundheit. TCM- und TEN-Diätistin Silvia Schmid im Interview. Nachher ist klar, warum man auch Chiasamen quetschen sollte.

Chiasamen haben sich einen festen Platz in der Ernährung vieler EuropäerInnen ergattert: Im Müesli, Porridge, Pudding, Smoothie überallhin bringen sie Gesundheit, zum Beispiel wegen ihrer Ballaststoffe. Da fragt sich: Auch Leinsamen eignen sich für solche Rezepte, auch sie sind sehr gesund. Was ist der Unterschied? TCM- und TEN-Expertin Silvia Schmid gibt Antworten. Das Bild ist von Freepik
Silvia Schmid, Chiasamen sind sehr beliebt, früher hat man eher zu Leinsamen gegriffen. Schauen wir uns die Unterschiede an. Zuerst zu den Ballaststoffen: Wer hat mehr?
Beide haben ungefähr gleich viel, Chia 30-34%, Leinsamen: 27-39%. Wichtig ist, dass die Ballaststoffe bei Chiasamen aussen sind, bei Leinsamen innen. Deswegen verdicken sich die Chiasamen, wenn man sie einlegt. Die Leinsamen solltest du aufquetschen bzw. schroten, bevor du sie einlegst oder isst, erst so kommst du an die Ballaststoffe – und auch überhaupt erst an die Omega-3-Fettsäuren. Und dafür müsstest du auch die Chiasamen quetschen.
Da haben wir schon einen Praxistipp: quetschen für Fettsäuren.
Ja, tatsächlich, das vergessen viele. Also: quetschen. Sowohl die Chiasamen wie auch die Leinsamen.
Fettsäure, das ist sowieso gutes Stichwort: Wie sieht’s da aus?
Da sind sie Chia- und Leinsamen ebenfalls ungefähr gleich: Mehrfach ungesättigte Fettsäuren, also die guten Fettsäuren, da haben Chiasamen einen Anteil von 25-33%, Leinsamen etwa 23%. Davon enthalten beide sowohl Omega 6- wie auch Omega 3-Fettsäuren, und das in einem guten Verhältnis: Chia 1:3, Lein 1:4. Aber …
… ich muss sie quetschen.
Ja, richtig :-)
Aus TEN- bzw. TCM-Sicht: Gibt es da eine Empfehlung?
Beide befeuchten und nähren. Das ist die TEN-Sicht. Gemäss TCM eliminieren beide genau die Hitze, die durch Yin-Mangel verursacht ist, und nähren das Yin. Und genau diese Yin-Mangel-Hitze ist häufig in unserer Gesellschaft, sie wird unter anderem begünstigt durch all die Belastungen, durch diesen Dauerzustand von Überarbeitung und Stress und unregelmässigem Essen.
Also noch ein Praxistipp.
Ja. Ob Lein- oder Chiasamen, beide tun gut. Uns allen, die wir ja doch eher gestresst sind und unregelmässig essen.
Dann haben wir da ja ein Unentschieden zwischen Chia und Lein. Oder gibt’s noch entscheidende Unterschiede?
Ja. Leinsamen enthalten Lignane, Chia nicht. Lignane sind Phytoöstrogene, die gesundheitlich positive Wirkungen entfalten. Z.B. sollen sie bei der Prävention von Brust- und Prostatakrebs eine Rolle spielen. Und Calcium, da hat Chia die Nase vorn: Chia hat 550 mg Calcium pro 100 g, Leinsamen 240 g. Und weil nach der Calcium-Frage ja oft noch die Magnesium-Frage kommt: Da haben Chia-Samen 320 mg pro 100 g, Leinsamen auch 320, gemäss Schweizer Nährwertdatenbank.
Bei der Zubereitung von Lein- und Chiasamen, muss ich auf etwas achten?
Schau, da komme ich aufs Quetschen zurück. Also, um die Ballaststoffe und die Fettsäuren wichtig sind, musst du auch die Chiasamen quetschen, möglichst frisch. So öffnet sich die Schale und die Fettsäuren werden für unser System erschliessbar. Wenn ich sie ganz lasse, kann mein System die Fettsäuren nicht erreichen. Der Gesundheitsnutzen ist dann, dass beide Samen Schleim bilden. Das befeuchtet dann unser System und erleichtert den Stuhlgang. Ganz wichtig ist es, genug zu trinken: Trinkt man zur Mahlzeit nicht genug oder hat man nicht genug Flüssigkeit im Brei, wird die Flüssigkeit dem Darm entnommen und es kann zu Verstopfungen und Verklumpungen führen.
Persönlich: Was hast du lieber?
Es kommt immer ein bisschen drauf an, was ich mache. Zum Brotbacken z.B. verwende ich mehrheitlich Leinsamen. Für ein Over-Night-Oat – also ein Frühstück – nehme ich mehrheitlich Chia, die ich zu einem Brei quellen lasse. Die Chia-Samen sind geschmacksneutral und man kann so vieles mit ihnen anstellen. Auch Pudding und Tiramisù lassen sich prima damit machen. Es ginge auch mit den Leinsamen, die schmecken nussiger.
Oh, guter Hinweis, schmecken sollte Gesundheit ja auch!
Aber ja, ganz klar. Chia schmeckt neutral, Leinsamen nussig.
Danke, Silvia, für deine Antworten.
Gern, Martin.

Silvia Schmid
Naturheilpraktikerin mit eidg. Diplom TCM, KomplementärTherapeutin mit eidg. Diplom in der Methode Shiatsu, dipl. Diätistin HPS, SVEB 1, Supervisorin OdA-KT, Mentorin OdA-AM, Dozentin an der Heilpraktikerschule HPS GmbH, Instruktorin SRK BLS-AED, mit eigener Praxis:

