«Was ich früher als Schwäche sah, ist jetzt für mich eine totale Stärke»

Jeannine Christin Walz, du bist Informatikerin und Naturheilpraktikerin. Man könnte sagen, du behandelst Computer und Mensch, was ist der Unterschied?

Beim Programmieren geht alles nach logischen Schritten. Nimm zum Beispiel den Prozess, wie du Tee trinkst: zur Tassen greifen, sie anheben und so weiter. Diesen Prozess unterteilst du in logische Schritte. Programmieren zeigt dir so eine andere Art zu denken und vorzugehen. Es schult deinen Verstand, sehr aufs Detail zu achten.

Das geht auch beim Menschen?

Der Mensch ist ein sehr komplexes Wesen, das immer auch durch seine Einzigartigkeit geprägt ist. Es geht darum, die individuelle Einzigartigkeit jeder Person zu erfassen und die beste Lösung für sie zu finden. Es gibt kein festes Schema, das man befolgen kann. Jeder ist in seiner besten Gesundheit, wenn er seine Einzigartigkeit schätzt und lebt.

Arbeitest du immer noch als Informatikerin und Web-Developerin?

Nein, nicht mehr. Ich habe die Entscheidung getroffen, mich ganz auf den Menschen zu konzentrieren. Es war eine sehr wertvolle, lehrreiche Zeit für mich und jetzt bin ich bereit weiterzugehen. Ich möchte meine Kraft nicht mehr in alle Bereiche, die mich interessieren, verstreuen, sondern etwas zentriert voll und ganz leben.

Wie kam es, dass du dich für die Alternativmedizin zu interessieren begonnen hast? Gab es ein konkretes Ereignis oder einen bestimmten Moment?

Das war im Lockdown. Auf der Arbeit hatte ich schon länger gemerkt, dass meine Feinfühligkeit für mich ein Nachteil ist. Im Lockdown hatte ich Zeit, mich damit zu beschäftigen und etwas anderes zu suchen. Da habe ich auf der Website der Heilpraktikerschule über Ayurveda und Cranio gelesen und für mich war klar, das ist das richtig für mich.

Das ist ja aber schon etwas anderes als das Programmieren.

Ja, schon. Ich hatte schon immer ein weites Interessenspektrum und ich bin sehr leicht fasziniert und inspiriert. Die Wandelbarkeit liegt bei mir im Charakter, und ich lerne immer gerne Neues kennen. Ich denke, es ist immer gut, vieles auszuprobieren, und wenn die Zeit gekommen ist, das Wesentliche zu erkennen und auch weiterzugehen. Jetzt liegt meine Fokus darin, Menschen auf ihrem Weg in die Selbstheilung und Selbstkraft zu begleiten.

Wie hast du deine Ausbildungen bei uns an der Heilpraktikerschule gestartet? Einfach einmal ein Modul gebucht zum Schauen, wie es ist? Oder gleich die ganze Ausbildung?

Bei mir war es klar: Ayurveda-Medizin und Craniosacral KT. Da hatte ich sofort ein gutes Bauchgefühl und so habe ich beides gleichzeitig gestartet. Mich fasziniert die Verbindung und Harmonie dieser Methoden. Ich habe auch die Möglichkeit, zwischen den Ansätzen der Alternativmedizin und der KomplementärTherapie zu wechseln. Eben individuell, was gerade gebraucht wird.

War es schwierig, Übungs-KlientInnen zu finden?

Es geht, ich habe mit KollegInnen geübt, auch in der Familie. Das ist deswegen gut, weil ich denke, dass Angehörige es trauen, geradeheraus ehrliches Feedback zu geben, und das war mir sehr wichtig.

Was sind jetzt deine nächsten Schritte? Was sind deine Pläne?

Im Ayurveda bin ich mit der Ausbildung fertig und warte gerade noch auf die Krankenkassenanerkennung. Im Cranio befinde ich mich gerade in den Abschlussprüfungen und hoffe, im Sommer ebenfalls die Krankenkassenanerkennung zu haben. Währenddessen praktiziere ich schon in meinem eigenen Praxisraum in Luzern. Ich freue mich, alles abzuschliessen und vollen Fokus auf meine Arbeit setzen zu können, die mir so sehr am Herzen liegt.

Welche Kompetenzen bringt dir der Studiengang Ayurveda-Medizin, die über die Kompetenzen der Fachausbildung Ayurveda Ernährung & Massage herausgehen?

Oh, ganz viel, es ist Alternatimedizin und somit eine viel grössere Ausbildung. Man darf zum Beispiel Shirodhara, also den Stirnguss, und Panchakarma, also therapeutische Ausleitverfahren, einsetzen und mit ayurvedischen Pflanzen und Präparaten arbeiten.

Eine Werbe-Frage: Wie wichtig ist für dich das modulare System?

Sonst hätte ich nicht beide Ausbildungen machen können. So sind beide in einem guten Ablauf organisiert. Das ist super. Der Nachteil ist, dass man in den Kursen etwas zusammengewürfelt ist. Man trifft die, die man in den Kursen kennenlernt, halt nicht in jedem Kurs. Und gut ist, dass man problemlos eine Pause während der Ausbildung einlegen kann.

Rückblickend, was war das Wichtigste?

Dass die Ausbildung ein Eigenprozess ist. Dass man sich kennenlernt, sein wahres Wesen. Was ich früher als Schwäche sah, ist jetzt für mich eine totale Stärke. Für mich ist jetzt meine Feinfühligkeit und mein Gespür mein grösster Schatz und ich habe etwas gefunden, indem ich sie – und somit mein wahres Wesen – leben kann. Diese Zeit ist auch eine Lebensschule, und es ist schön zu merken, dass man immer was Neues lernen kann und das Leben ein lebendiger Wandel ist.

Danke, Jeannine Christin.

Sehr gern, Martin.