Und aus Gespräch wird Begegnung
Ebikon, 7. Februar 2025 — Eine Eigensprache-Weiterbildung von Regula Winistörfer verhilft TherapeutInnen und ihren KlientInnen zu einer vertrauensvollen Beziehung. Eines der drei Module ist auch für interessierte Laiinen und Laien offen. Im Interview erklärt Regula Winistörfer, was Eigensprache bedeutet, auch Paralogik.
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Regula Winistörfer ist Cranio-KT-Ressortleiterin und hat die Weiterbildung «Therapeutische Gespräche» entwickelt, offen für KT-TherapeutInnen sowie TherapeutInnen aller Methoden. Willkommen im Modul «Therapeutische Gespräche: Idiolekt, Bilder» sind auch Laiinen und Laien. Foto: Maya Jörg Heilpraktikerschule Luzern
Regula Winistörfer, du unterrichtest Therapeutische Gesprächsführung, hast diese Weiterbildung ja entwickelt. Wie ist es dazu gekommen?
Gesprächsführung mit körpertherapeutischer Arbeit zu verbinden, das ist ein Thema, das sich bei mir und meiner Arbeit entwickelt hat. Durch meine Mentorin Liliane Fehlmann lernte ich die Gesprächsführungsmethode Idiolektik kennen. Diese Methode faszinierte mich von Beginn an, sie fühlte sich für mich an wie Cranio-KT auf verbaler Ebene. Das war der Anlass, mich mit damit tief zu befassen.
Inwiefern ist diese Art der Gesprächsführung besonders ergiebig, zielorientiert und verbindend?
Es ist eine völlig schöne, beziehungsbetonte Art, ein Gespräch zu führen. Du hörst auf die Eigensprache der KlientIn, achtest genau auf die Worte, die sie verwendet, ihre Bilder. So kommt es sofort zu einem Beziehungsangebot. Das ist in einem klassischen Anamnesegespräch nicht so. Wenn du mit der Eigensprache deiner KlientIn mitgehst, verschwindet die Spaltung zwischen TherapeutIn und KlientIn. Bereits das erste Gespräch wird zu einer Begegnung, zum Aufbau von Vertrauen.
Welche Frage steht im Zentrum der eigensprachlichen Gesprächsführung?
Diese: Kannst du mir mit deinen ganz eigenen Worten beschreiben, was dein Anliegen ist. Diese Frage öffnet. Beschrieben hat sie A.D. Jonas, der Begründer der Idiolektik, Psychiater, Psychotherapeut und Psychoanalytiker. Mit diesen Worten hat er seinen PatientInnen signalisiert, dass er sie ernst nimmt.
Muss man in der Anamnese, in der Befunderhebung nicht auch mal so richtig harte Fragen stellen? Oder wie ist das? Und wie kommt das in dieser Weiterbildung zum Ausdruck?
Das ist immer in Verbindung mit der Symptomatik. Ich frage nur das, was wesentlich ist für das momentane Anliegen der KlientIn. Zum Beispiel ist im ersten Gespräch eine Nackenproblematik Thema. Da geht es also genau darum. Im Verlauf der Behandlung wird die Beziehung so stark, dass Weiteres einfliessen kann. Das Begegnen, die vertrauensvolle Beziehung, ist im KT-Setting ein wichtiger Aspekt.
Gibt es auch andere Modelle der Anamnese-Gespräche? Und wie passt die Therapeutische Gesprächsführung dazu? Ist sie integrierbar in andere Modelle der Gesprächsführung?
Man kann die Idiolektik sehr gut in die KT-Befundaufnahme integrieren. Mich fasziniert sie, weil sie diesen spielerischen, leichten Aspekt hat. Und ihren Fokus eben auf Sprachbildern hat. In der Weiterbildung «Therapeutische Gespräche» vertiefen wir das Arbeiten mit Bildern und nützen es, um andere Perspektiven und Herangehensweisen zu entwickeln. Für mich fördert diese Art zuzuhören und nachzufragen das KT-Denken. Gleichzeitig eignet sich Idiolektik, um die KlientInnen selbst zu ermächtigen, in ihre Kraft zu kommen und ihre eigenen Lösungen zu finden. Das ist viel wirksamer, lustvoller und nachhaltiger, als Ratschläge zu befolgen. Während einem idiolektischen Gespräch geschieht vieles auf der Ebene der Paralogik, also dem, was unterhalb der Logik, dem rationalen Denken liegt.
Kannst du diese Paralogik kurz erklären?
Ja, gern. Schau, angenommen ich erzähle etwas über, sagen wir, meine Zimmerpflanze. Logisch betrachtet ist das nur eine Erzählung über eine Pflanze, die in einem Zimmer ist. Wenn ich beim Erzählen eine Fragestellung gegenwärtig habe und mich auf diese Fragestellung achte, werde ich bemerken, dass ich – während ich über die Pflanze spreche – mir wie selber Antworten auf meine Frage gebe. Das ist die Paralogik. Auf dieser Ebene verknüpfen sich Dinge aus dem Unterbewusstsein. Es ist inneres Wissen, das sichtbar wird. Und da zeigen sich meist überraschende Lösungen, weil sie nicht aus dem rationalen Denken kommen.
Es ist eigentlich eine ganz andere Art von Zuhören ?
Ja, genau. Es ist ein Zuhören mit allen Sinnen, ein in Resonanz-Sein mit der KlientIn. Mit Idiolektik und bildhaftem Denken zu arbeiten und gleichzeitig einen therapeutischen Prozess sicher zu begleiten und zu führen, das nenne ich therapeutische Gespräche. Dabei spürt die KlientIn: Aha, da interessiert sich jemand für mich. Da nimmt mich jemand wirklich ernst. Im Modul Idiolekt und Bilder geht es hauptsächlich um dieses andere Zuhören, was gut nutzbar für jeglicher Art von Gesprächen ist, in denen es um Beziehungen geht. Die anderen Module, also das «Spuren und Gründe»- und das «Bilder und Embodiment»-Modul, sind dann eher auf therapeutische Prozesse ausgerichtet.
Bald startet deine Weiterbildung. Worauf freust du dich besonders?
Auf die Begegnungen, auf die Menschen, auf die Gespräche, auf das gemeinsame Üben und Spielen, ich freue mich riesig.
Danke, Regula.
Gern, Martin.
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Regula Winistörfer
Tanz- und Gymnastiklehrerin SBTG, dann in die Craniosacral-Therapie. Eidg. dipl. KomplementärTherapeutin in der Methode Craniosacral-Therapie. Craniosacral-Dozentin und Leiterin dieses Ressorts. Für die OdA KT sowie den Verband CranioSuisse ist sie Supervisorin. Ebenfalls ist sie Trainerin des Programms «Achtsame Berührung – kinderleicht». Ihre eigene Praxis führt sie in Rüti bei Büren (BE):
www.cranio-rw.ch