So kommst du in Kontakt mit anderen
Ebikon, 1. Dezember 2023 — Wie wichtig es ist, den Austausch zu suchen. Und wie man am besten mit Leuten ins Gespräch kommt, im Unterricht und online, sagt M4-Dozentin Franziska Bischof-Jäggi und gibt wertvolle Tipps. Ausserdem: Türklingel, Anruf, WhatsApp.
Manchmal braucht es etwas Mut, einfach zu fragen: Ist es okay, wenn ich mich dazu setze? Der Mut lohnt sich. Bild: unsplash
Franziska, wie wichtig ist es, mit neuen Leuten ins Gespräch zu kommen? Fürs Leben und für den Start mit einer Ausbildung?
Wir Menschen brauchen Austausch, lernen viel voneinander. Wenn wir uns zu fest zurückziehen und zu wenig Interaktionen mit anderen Menschen stattfinden, verfallen wir halt oft ins Grübeln. Uns fehlt die Resonanz mit dem Aussen. Feedbacks, Inputs, Austausch sind wichtige Elemente, um im Persönlichkeitswachstum zu bleiben.
Wenn ich etwas schüchtern bin – wie komme ich ins Gespräch, sagen wir im Unterricht, in der Pause, über Mittag. Hast du ein, zwei Tricks? Wie baut man da eine Beziehung auf?
Du darfst dich selbst sehen und fragen: Wer bin ich und wen bringe ich durch mein Sein mit in den Unterricht? In die Pause? In den Mittag? Und was klingt in mir persönlich an? Was habe ich persönlich für Bedürfnisse? Bin ich eher der Mensch, der sich gerne mitteilt? Oder eher die ZuhörerIn? Zuhörenkönnen ist eine Gabe. Das ist nicht Passivität. Wer aktiv zuhört, wird automatisch auch ins Gespräch miteinbezogen, mit der Zeit.
Manchmal denkt man ja auch, die eigenen Beiträge seien vielleicht gar nicht hilfreich.
Das ist eben ganz wichtig: Sich selbst wertzuschätzen statt sich selbst zu sabotieren. «Ach, weisst du wieder nicht, was beitragen im Gespräch! Was du sagen würdest, wäre eh nicht spannend!» Das ist Selbstabwertung und nicht wertschätzend. Dasselbe ist auch nötig in der Beziehung mit anderen: Sehe deine Mitmenschen an, höre ihnen zu und wertschätze sie – und Beziehung entsteht von alleine.
Und online? Wenn der Unterricht über Zoom läuft? Viele Leute waren noch nie im Online-Unterricht. Wie kommt man da in Kontakt mit anderen?
Da ist es einerseits viel einfacher und andererseits auch viel schwieriger gleichzeitig. Einfacher, weil die DozentIn Breakoutsessions installiert, d.h. Gruppen bildet, in denen sich Studierende gegenseitig begegnen, und zwar zufällig. Niemand weiss, wer mit wem zusammengewürfelt wird. Das kann auch herausfordern.
Wie meinst du?
Es kommt manchmal vor, dass das Gegenüber die Kamera nicht eingeschaltet hat. Dann heisst es, diese Person zu bitten, die Kamera anzuschalten, denn dann findet auch Blickkontakt statt und Interaktion ist ganz normal möglich. Sich einfach drauf einlassen und sich den immer wieder neuen Konstellationen stellen, das ist sehr bereichernd, bringt immer wieder auch spannende und humorvolle Situationen, da manche Konstellationen sich live nicht ergeben hätten.
Oft hat man ja Angst, aufdringlich zu sein? Wie gehe ich mit dieser Angst um?
Angst will einen ja vor etwas schützen. Und wenn es genau darum geht, nicht aufdringlich zu sein, dann kann es hilfreich sein, genau das als Frage zu formulieren: «Mir brennt eine Frage, darf ich sie dir stellen?» oder «Dich kenne ich noch nicht wirklich, ist es dir zu nahe, wenn wir miteinander Kaffeepause machen und uns austauschen?» Das sind ja geschlossene Fragen, völlig unaufdringliche, die mit Ja oder mit Nein beantwortet werden können. Oder auch mit «Gerne, nur bitte nicht heute, weil ich unbedingt die Pause für ein Telefon nutzen muss.»
Wieso fällt es manchen einfacher, mit Mitmenschen zu schreiben, zum Beispiel WhatsApp, als sich persönlich face-to-face auszutauschen?
Wer mit Tools wie WhatsApp aufgewachsen ist, hat früh gelernt, sich so mitzuteilen. Wir älteren Generationen mussten uns überwinden und an der Haustür klingeln oder zum Telefonhörer greifen und anrufen. Und da kommt die Reaktion live, also immer postwendend. Per WhatsApp oder Mail kann man erst die Gedanken sortieren und dann antworten bzw. anschreiben. Das hat seine Vor- und Nachteile.
Was ist der Vor- bzw. Nachteil daran, wenn man erst irgendwohin laufen muss?
Wenn du an der Tür klingelst, merkst du ganz direkt, ob eine Reaktion authentisch ist oder paradox wirkt.
Paradox?
Ja, weil z.B. jemand eine Mitteilung macht, die im Widerspruch zur Körpersprache steht. Oder am Telefon ein Zögern, das eine halbe Sekunde zu lange dauert und die ganze Botschaft beinhaltet. Per WhatsApp können Antworten zuerst überlegt werden – egal ob per Voice oder schriftlich. Hierbei kann wiederum die Reaktionszeit bereits interpretiert werden und geht sie unter – was in der Flut tatsächlich mal geschehen kann – kann auch das ungünstig interpretiert werden. Sobald der Kontakt nicht postwendend ist, lässt das Spielraum zum Interpretieren. Das kann sich ungünstig auf die Beziehung auswirken.
Danke, Franziska.
Gern, Martin.
Franziska Bischof-Jäggi, lic. phil., ist Pädagogische Psychologin, dipl. Paar- und Familientherapeutin sowie Buchautorin. An der Heilpraktikerschule Luzern unterrichtet Franziska Bischof-Jäggi zum Beispiel Lernen – Entwicklung – Persönlichkeit und Umgang mit anderen und sich selbst. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Felix Jäggi ist sie Inhaberin der Powermanagement GmbH:
www.powermanagement.ch