«Sesamöl nährt und pflegt Haut und Haare»
Ebikon/Koblenz, 9. November 2023 — Im Interview empfiehlt Dozent Oliver Becker Sesamöl zur täglichen Gesunderhaltung. Und das Modul «Ayurveda: Konzepte und Krankheitsfaktoren» als Einstiegskurs in die Ausbildung. Ausserdem: Wie er zum Ayurveda gekommen ist – und der Ayurveda zu ihm.
Sesamsamen kommen aufs Brötchen. Oder in die Presse und dann als Öl auf die Haut – beides ist richtig gesund. Foto: Pixabay
Oliver, du unterrichtest jetzt dann «Ayurveda: Konzepte und Krankheitsfaktoren. Ganz konkret jetzt, Ende Herbst, Anfang Winter – trockene Haut. Ist das auch ein Krankheitsfaktor aus Sicht des Ayurveda?
Natürlich ist trockene Haut allein noch keine Krankheit, sie kann aber bei starker Ausprägung auch Probleme erzeugen. Trockene Haut wird durch hohes vata-dosha erzeugt. Vata ist hier der Krankheitsfaktor bzw. die Ursache für das Symptom der Trockenheit. Wenn vata-erhöhende Faktoren in einer bestimmten Stärke und Dauer auf uns einwirken, kann dies neben Trockenheit viele andere Symptome verursachen. Dabei können natürlich auch klimatische Faktoren eine Rolle spielen. Jahreszeitlich ist vata normalerweise im Spätsommer provoziert, quasi als Ergebnis der in den Sommermonaten schrittweise ansteigenden Trockenheit in der Natur. Aber auch in den Wintermonaten kann vata sich zwischendurch mal bemerkbar machen, z.B. wenn es sehr windig ist.
Bei trockener Haut verwendet man ja eine Feuchtigkeitscreme. Wie wichtig sind Öle im Ayurveda?
Gute Öle und Fette sind essentiell für unsere Gesundheit, für die normale Struktur der Zellen sowie für vielfältige physiologische Prozesse. Zuviel davon ist aber auch nicht gesundheitsförderlich. Der Ayurveda lehrt, dass es bei allen Dingen auf das individuelle Maß ankommt. Insofern machen wir uns genau Gedanken über die Ölmenge, die wir für unsere KlientInnen verwenden.
Welches Öl empfiehlst du für den Hausgebrauch?
Für die tägliche Gesunderhaltung, z.B. zur regelmäßigen Selbsteinölung oder zum morgendlichen Ölziehen, ist Sesamöl am besten geeignet. Es ist für jedes dosha verträglich, nährt und pflegt Haut, Haare, kräftigt die Strukturen des Bewegungsapparats und hat außerdem die Fähigkeit, schädliche Substanzen im Körper zu binden.
Und achtet man da auf die Konstitution?
Sesamöl ist für jede Konstitution geeignet, doch in der Tat sollte man die verwendete Ölmenge der individuellen Konstitution anpassen: Wenn vata stärker ausgeprägt ist, darf man gerne mehr Sesamöl verwenden, bei höherem Kapha sollte man maßvoll damit umgehen.
Keine Frage nach Öl – ohne Frage nach Ghee.
Ghee nimmst du vor allem innerlich, es ist das beste Fett für den täglichen Verzehr. Es wirkt zellregenerierend und besitzt noch zahlreiche andere gesundheitsförderliche Wirkungen. Ghee wirkt vata- und pitta-senkend und kapha-erhöhend. Kapha-Menschen sollten ebenfalls Ghee konsumieren – es ist wirklich sehr gesund –, wiederum aber maßvoller als Menschen, bei denen die anderen zwei doshas dominieren.
Welche Krankheitsfaktoren gibt es noch?
Mit Krankheitsfaktoren sind vor allem die Krankheitsursachen gemeint. Diese sieht der Ayurveda grundsätzlich in den Bereichen Ernährung und Lebensweise. Im Kurs diskutieren wir auch die allgemeinen Ursachen für körperliche und geistige Gesundheit und Krankheit und schauen uns Beispiele an.
Was haben diese Krankheitsfaktoren konzeptionell zu bedeuten? Aus Sicht des Ayurveda?
Wirken Krankheitsursachen von bestimmter Kraft und Dauer, so kann dies eine Ätiopathogenese im Körper auslösen, also einen Prozess, der sich schrittweise steigern und an einem bestimmten Punkt auch eine spezifischen Krankheit verursachen kann. Dieser Prozess wird im Ayurveda als samprapti bezeichnet. Nach ayurvedischem Verständnis sind zu hohe doshas die entscheidenden Faktoren, die einen solchen samprapti-Prozess im Körper initiieren. Wie das genau abläuft, schauen wir uns im Kurs an.
Nochmals zum Kurs «Ayurveda: Konzepte und Krankheitsfaktoren». Das hört sich sehr abstrakt an. Lerne ich da auch Konkretes?
Ja, dass du Konkretes lernst, das passiert im Ayurveda ja fast automatisch: Er ist das Wissen fürs Leben. So wirst du auch nach diesem Kurs gewisse Dinge anders tun, es dir zumindest überlegen. Tatsächlich ist dieser Kurs für alle, die Ayurveda lernen möchten, besonders wichtig. Es ist der ideale Kurs, um mit Ayurveda zu starten, da wir in ihm alle Grundlagenkonzepte diskutieren. Es lohnt sich, sich auch kurzfristig anzumelden, wenn man die Reise des Ayurveda beginnen möchte – oder um herauszufinden, ob man diese Koffer wirklich packen soll!
Persönlich: Wie bist du zum Ayurveda gestossen? Was hat er mit deinem Leben zu tun – als verblüffende Lebenskunde, wie du auf deiner Website schreibst?
Da könnte ich natürlich länger drüber erzählen. Kurz gesagt, finde ich es treffender zu sagen, dass nicht ich auf den Ayurveda, sondern der Ayurveda auf mich gestoßen ist. Und – haha - offensichtlich hat der Ayurveda bei mir fruchtbaren Boden betreten. Ich könnte auch sagen, dass es Bestimmung war, so spüre ich das zumindestens für mich. Verblüffend finde ich den Ayurveda, weil er viele einfache Lösungen bietet, obwohl das Leben ein so komplexes Phänomen ist. Das macht den Ayurveda so faszinierend.
Danke, Oliver, fürs Gespräch.
Danke, dir auch, für dieses Interview.
Tipp: Ayurveda am Morgen
Etwas Sesamöl, Bio am besten, und du nimmst ein klein wenig und reibst es dir ins Gesicht und in die Kopfhaut, auch den ganzen Körper reibst du dir so ein. Das Öl kannst du im Wasserbad leicht erwärmen. Warmes Öl ist angenehmer. Diese Massnahmen zur Ayurveda-Morgenroutine sind unter anderem Thema eines weiteren Ayurveda-Einstiegsmoduls: Konstitution und Heilkunde.
Oliver Becker ist Ayurveda-Mediziner, Modulleiter am Master-Studiengang MSc Ayurveda-Medizin an der Rosenberg Europäische Akademie für Ayurveda und Dozent bei uns an der Heilpraktikerschule Luzern.
www.ayurveda-becker.de