Neues Forschungscenter für Traditionelle Medizin
Ebikon, 10. Juni 2022 – Die WHO baut in Indien das Global Center for Traditional Medicine – Kerstin und Mark Rosenberg von unserer Ayurveda-Partnerschule waren vor Ort. Mark schrieb uns per E-Mail.
Wiedersehen unter Freunden: Prof. Dr. Tanuja Nesari, Direktorin des All India Institute for Ayurveda – Ministry of AYUSH, Prof. Dr. Mita Kotech, Head of Department am National Institute of Ayurveda – beide waren 2019 zu Besuch an der Heilpraktikerschule Luzern – Dr. Antonio Morandi, Director Ayurvedic Point Italy und MoU Partner der Rosenberg Europäischen Akademie für Ayurveda REAA, Kerstin Rosenberg, Gründerin und Schulleiterin der REAA und Dr. George Berra, Director Prema Ayurveda Academy and University, Argentinien (v.l.n.r.). Bild: Rosenberg Akademie
Kerstin und Mark Rosenberg sind aus Indien zurück. Da waren sie auf Einladung der indischen Regierung zur Grundsteinlegung des WHO Global Center for Traditional Medicine. Ein paar Fragen:
Mark, was ist dieses WHO Global Center for Traditional Medicine?
Die WHO hat sich entschieden, die traditionelle Medizin mehr zu fördern. Seit Jahren beobachtet die WHO die besondere Bedeutung der traditionellen Medizin-Systeme für die Menschheit unseres Planeten. Und während der Covid-Pandemie wurde einmal mehr die Wirksamkeit traditioneller Verfahren, allen voran Ayurveda und Yoga, bei der Prävention und Therapie von Covid-19 in Indien sichtbar. Die indische Regierung, allen voran Premierminister Narendra Modi und das Ministerium für AYUSH, haben sich dafür eingesetzt, dass dieses neue WHO-Zentrum in Indien entsteht, mit nationalen Satelliten in weiteren Ländern. Indien selbst unterstützt das Projekt mit 250 Mio. Dollar.
Was ist da die Rolle von Kerstin und dir?
Wir hatten die Freude, als zwei von sechs geladenen EuropäerInnen bei der Grundsteinlegung dabei zu sein. Dies verstehen wir als besondere Würdigung unseres langjährigen Engagements für die Verbreitung des Ayurveda in Europa. Wir hatten vor 12 Jahren die Freude, einmal den heutigen Premierminister in einem persönlichen Gespräch kennenzulernen. Schon damals fragte uns Narendra Modi nach unserer Meinung, wie man den Ayurveda in ganz Indien stärken – damals gab es vor allem in Kerala Institute – und in der Welt verbreiten könnte. Die Indische Regierung sieht in Yoga und Ayurveda sogenannte «Soft-Powers» und so waren die Vertreter sichtlich stolz, dass mit dem WHO-Global Centre for Traditional Medicine nun die «Welt nach Indien schaut und Indien seine Schätze mit der Welt teilen kann».
Wie war die Grundsteinlegung dieses Centers? Viel High Society? Stösst man da eigentlich mit Champagner an? Oder mit schönen Fruchtsäften?
Bei 40 Grad im Schatten macht Champagner keinen Spass. Kühle Fruchtsäfte schon eher. Beides wurde nicht gereicht. Dafür genossen wir nach den Eröffnungsreden ein kleines sehr leckeres indisches Buffet, ein sogenannter High Tea, mit köstlichem indischem Chai. Dazu kommt ja noch, dass Gujarat – der Landesteil Indiens, in dem das Center gebaut wird – ein sogenannter Dry State ist, Alkohol also gar nicht erlaubt ist. Das hat dem netten Zusammenkommen der wichtigen Persönlichkeiten des Ayurveda und anderen traditionellen Therapie-Systemen aber keinen Abbruch getan. Nach zwei Jahren Reisebegrenzung war die Freude gross, endlich wieder zusammenzutreffen und da ist dann nicht nur das förmliche «Namaste», sondern auch eine echte herzliche Umarmung angesagt.
Gab es spezielle RednerInnen?
Besonderer Gast war natürlich der General-Sekretär der WHO Dr. Tedros, der mit seiner gelungenen Eröffnungsrede an die 1500 Zuhörer vor Ort und zehntausende weltweit begeisterte. Er stellte heraus: «Das Zentrum wird die Arbeit der WHO auf globaler Ebene ergänzen. Es wird sich auf Evidenz, Daten, Nachhaltigkeit und Innovation konzentrieren, um die nationale Politik zu unterstützen und die Nutzung der traditionellen Medizin für Gesundheit und Wohlbefinden zu optimieren.»
Weshalb steht das Center eigentlich in Indien? Das Center beherbergt ja nicht nur Ayurveda-Medizin, sondern auch viele andere traditionelle Medizinal-Systeme?
Ja, es ist kein Zentrum für den Ayurveda, sondern für alle Traditionellen Medizin Systeme. Nachdem China in den letzten 20 Jahren die WHO in puncto traditionelle Medizin mit seiner TCM dominierte, so zumindest die indische Sichtweise, war jetzt einmal Indien an der Reihe, vorzutreten und freute sich, den Zuschlag erhalten zu haben. Das persönliche Engagement des indischen Prime Minister Narendra Modi hat da sicher eine wichtige Rolle gespielt.
Böse Stimmen könnten fragen: Braucht es in Zukunft nicht eher mehr Wissenschaft? Statt dieser traditionellen Medizin?
Das Ziel des neuen WHO-Zentrums ist es ja gerade, die evidenzbasierte Erforschung der Traditionellen Medizin TM zu fördern und zu koordinieren. Auch das traditionelle Wissen um den therapeutischen Nutzen der Pflanzen soll besser zusammengeführt und somit zum Wohle vieler genutzt werden. Der Erfolg des WHO-Zentrums hängt letztlich aber auch von den ExpertInnen ab, die für die Leitung und die einzelnen Projekte dann gewonnen werden können. Die Hoffnung ist gross, dass unter dem Dach der WHO die Erfahrungswerte der TM stärker ausstrahlen und Forschungsergebnisse breiter diskutiert werden. Ziel der WHO ist laut seines Generalsekretärs Dr. Tedros, die Integration der TM mit der modernen Medizin, die sich gegenseitig mehr befruchten sollen. Dr. Tedros erinnerte daran, dass viele heute bekannte Therapiemittel ihren Ursprung in der TM haben, so nannte er als Beispiel die Weidenrinde, Salicis cortex, als traditionellen Ursprung für Aspirin.
Viele pharmazeutische Mittel haben ihren Ursprung also in der Traditionellen Medizin?
Ja, so nutzt auch der Ayurveda seit Jahrtausenden Pflanzenstoffe für die Gesunderhaltung, die heute in der modernen Pharmazie Einzug halten, wie Curcumin, das als Gelbwurz oder Kurkuma seit jeher bekannt ist. Ich bin mir sicher, dass der «Wissensdiebstahl» der modernen Pharmazie bald deutlicher aufgedeckt werden wird und alsbald die Achtung für das Wissen der traditionellen Medizinsysteme öffentlich stärker zunehmen wird.
Ayurveda und die moderne Pharmazie…
…wir fühlen uns mit der Ayurveda-Medizin jedenfalls in keinster Weise altbacken unterwegs, vielmehr macht es uns weiterhin grosse Freude, die Wissensschätze des Ayurveda zu heben und sie an unsere vielen SchülerInnen weiterzugeben. Das neue WHO-Zentrum wird die weltweite Anerkennung der TM fördern.
Danke, Mark.
Mehr Informationen und ein tolles Video zum Global Center for Traditional Medicine gibt es hier (Website).
Mark und Kerstin Rosenberg –– seit 2015 begeistern sie auch uns an der Heilpraktikerschule Luzern mit ihrer Europäischen Akademie für Ayurveda. Gemeinsam bieten wir Kurz-, Fachausbildungen und Studiengänge an.