«Es gibt den Idealfall. Und den schlimmen.»

Ebikon, 13. November 2019 – Es gibt eine neue EMR-Methode: Therapeutische MasseurIn, EMR-Nr. 33. Für wen ist die Ausbildung dazu geeignet? Und welche TherapeutInnen sollten auf diese neue Methode aufschulen? Hein Zalokar von der Schulleitung der Heilpraktikerschule Luzern im Gespräch.

Hein Zalokar sieht die neue Methode 33 als sehr guten Start in die Karriere. TherapeutInnen der Methoden 81, 102 und 111 empfiehlt er die Aufschulung, auch wenn – bzw. weil – niemand weiss, welche Kassen diese Methoden abwählen und nur noch die 33 anerkennen.

Hein, neu gibt es «Therapeutische Massage», also die neue EMR-Methoden-Nr. 33. Was zeichnet diese Methode aus?

Dass sie gleich drei Methoden beinhaltet: Klassische Massage, Fussreflexzonen-Massage und Manuelle Lymphdrainage. Und dass die EMR-Anforderungen sehr zielorientiert sind: Die Ausbildung ist in Teilzeit bei uns innerhalb von drei Jahren mit einem Pensum von etwa 20 Prozent sehr gut machbar. Innerhalb von einem Jahr sogar mit einem Pensum von etwa 55 Prozent. Das ist man schnell in der eigenen Praxis.

Das heisst, in der Zeit, in der ich ansonsten nur eine Methode lernen würde, lerne ich jetzt gleich drei?

So ungefähr, ja. Etwas aufwändiger ist sie aber schon.

Bin ich dann aber auch gut genug für die Praxis?

Natürlich ist das ein Unterschied. Zum Beispiel ist die bisherige Fachausbildung Klassische Massage bezogen auf die Massage-Module mit 324 Lernstunden ausgeschrieben, als Teil der Therapeutischen MasseurIn beinhaltet sie weniger, nämlich 180 Lernstunden.

Aber?

Aber dazu kommen ja noch die Module der beiden anderen Methoden. So kommt die Therapeutische MasseurIn auf insgesamt 497 Lernstunden, und das sind deutlich mehr als 324. Das heisst, als Therapeutische MasseurIn setzt du dich eben doch sehr vertieft mit den Themen Gesundheit, Krankheit und Therapie auseinander, bezogen auf die drei manuellen Methoden der Therapeutischen MasseurIn.

Zu diesen Stunden kommt ja noch die Grundlagenausbildung EMR.

Ja, diese Grundlagenausbildung beinhaltet so wichtige Themen wie medizinische Grundlagen Patientensicherheit, Kommunikation, Berufsethik und Praxisführung. In diesen Themen bildet sie die Studierenden besser aus als die Fachausbildung Klassische Massage. Gerade deshalb finde ich, dass diese neue EMR-Nummer sehr vorteilhaft ist, und zwar für zwei Personengruppen.

Welche Personengruppen?

Zum einen sind das junge BerufsanfängerInnen. Auch Leute mittleren Alters, die von ihrem ersten Beruf genug haben und in einen zweiten Beruf wechseln möchten, und zwar mit Massage in einer eigenen Praxis.

Was haben die für Vorteile?

Man ist schnell in der eigenen Praxis, man arbeitet, und das mit drei Methoden. Natürlich kann man nicht alles, zum Beispiel keine Kompressionstherapie – aber man kann sie lernen, als Weiterbildung. All diese Module haben wir ja, sie sind Teil unserer Fachausbildungen, zum Beispiel Teil der Fachausbildung BerufsmasseurIn und des Studienganges Med. MasseurIn .

Das heisst, ich bin erstmal gut ausgebildet und kann bereits mit drei Methoden arbeiten und Geld verdienen, aber ich stecke da nicht fest, sondern kann mich weiterbilden?

Ja, und das ist eine tolle Perspektive: Man kann eine eigene Karriere planen, indem man sich gezielt und nach eigenem Tempo weiterbildet – und zwar, ganz wichtig, mit Fragen, die aus der Praxis kommen. Und so geht es – ob mit Absicht oder nicht – nach und nach in Richtung BerufsmasseurIn oder gar eines eidgenössischen Abschlusses, zum Beispiel als Med. MasseurIn.

Die EMR-Nr. 33 öffnet also eine Perspektive, eine Karriere.

Ja, EMR 33 ist ein Sprungbrett, das einem eine Laufbahn ermöglicht. Man kann natürlich auch einfach so mit der 33 arbeiten. Aber ich bin überzeugt: Sobald eine gewisse Praxiserfahrung da ist, werden die Therapeutischen MasseurInnen mehr wissen wollen, zum Beispiel über Kompressionstherapie, um bei diesem Beispiel zu bleiben. Und so werden sie sich in Richtung unserer Fachausbildung BerufsmasseurIn oder gar zur Medizinischen MasseurIn mit eidgenössischem Fachausweis weiterbilden. Oder in Richtung Naturheilkunde TEN mit eidgenössischem Diplom, da sind Massage-Praktiken ja mit fast denselben Anforderungen enthalten wie in Med. Massage EFA.

Und die andere Personengruppe?

Das sind bestehende TherapeutInnen, die jedoch nur eine oder zwei Methoden anbieten.

Zum Beispiel eine TherapeutIn, die momentan einfach Fussreflex als Einzelmethode anbietet?

Diese TherapeutIn hat zwei Möglichkeiten: entweder aufschulen zur Therapeutischen MasseurIn, also auf die EMR-Nr. 33, oder einfach so weitermachen wie bisher.

Was empfiehlst du?

Naja, als TherapeutIn mit einer Einzelmethode würde ich nicht einfach so weitermachen.

Also aufschulen. Warum?

In den letzten Jahren haben einige Versicherer einige Einzelmethoden abgewählt. Dazu gehören die Helsana und die Swica. Beide vergüten die EMR-Nr. 102, also Klassische Massage, nicht mehr als Einzelmethode; die Helsana zusätzlich die 81 und 111 nicht mehr, also Fussreflex und Lymphdrainage. Diese Leistungen vergüten sie nur noch, wenn sie von Medizinischen MasseurInnen mit eidg. Fachausweis, Methoden-Nr. 118, oder NaturheilpraktikerInnen erbracht werden, z.B. Methoden-Nr. 131 oder 360.

Und du meinst...

...dass in den nächsten Jahren viele Versicherer nachziehen werden und ebenfalls Einzelmethoden abwählen. Das ist natürlich Spekulation. Aber es gibt Indizien, die diesen Schluss nahelegen.

Und welche sind das?

Zum Beispiel, dass die Methode 33 erst ab 2022 registrierbar ist. Wieso nicht sofort? Wie bei anderen neuen Methodennummern? Das interpretiere ich so, dass man hier diesen Einzelmethoden-TherapeutInnen die Zeit geben will aufzuschulen.

Ein flotter Zug des EMR.

Ja, durchaus. So hat man als Einzelmethoden-TherapeutIn noch Zeit. Nur: Mehr kann das EMR nicht tun. Es kann zum Beispiel keine Empfehlung aussprechen, denn es kann gar nicht wissen, welche Kassen die 33 überhaupt anwählen werden – und welche weiteren Kassen dann allenfalls sogar die Einzelmethoden abwählen. Das wissen nur die einzelnen Krankenkassen selbst.

Fazit?

Es kann also niemand von uns Schulen oder dem EMR etwas dazu sagen, weil niemand weiss, was passieren wird. Für eine Einzelmethoden-TherapeutIn bedeutet das: Im schlimmsten Fall werden Klassische Massage, Fussreflexzonen-Massage und Manuelle Lymphdrainage als Einzelmethoden nicht mehr vergütet, sondern nur noch als Methode 33, und das ab Januar 2022.

Das heisst, aus Sicherheitsgründen sollte ich mich aufschulen, und zwar bis zum Januar 2022.

Ja.

Unerfreulich.

Und für manche vielleicht sogar richtig ärgerlich. Vor allem, wenn man vielleicht schon an den Ruhestand denkt oder wenn man nur ein kleines Teilzeitpensum arbeitet – da sieht man sich gezwungen, genau zu überlegen, ob sich das noch lohnt.

Was empfiehlst du?

Aufschulen. Aber als Leiter einer Schule, die jetzt ja eigentlich von dieser Neuerung profitiert, bin ich natürlich nicht allzu glaubwürdig. Deshalb rate ich, die Situation während des nächsten Jahres zu beobachten.

In welcher Hinsicht?

Vielleicht werden die Kassen ja in nächster Zeit schon entscheiden, wie sie mit der neuen Methode 33 umgehen und ob sie die Einzelmethoden streichen werden, und vielleicht werden sie diese Entscheidung schnell kommunizieren. Das ist der Idealfall. Vielleicht müssen die Verbände schauen, dass sie die Kassen dazu bringen, schnell zu kommunizieren. Und den schlimmsten Fall habe ich ja schon erwähnt, da empfehle ich, bis am 1. Januar 2022 aufzuschulen. Aber das abzuwägen und zu entscheiden, muss schlussendlich jeder selbst. Aber – vielleicht kann ich das noch mitgeben, auch wenn es aus meinem Mund als Schulleiter werberisch klingt: Die Aufschulung kann ja auch Schwung geben, wenn man sich auf sie einlässt.

Wie meinst du das?

Man kann diese neue EMR-Nummer ja als Anlass sehen, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Die Kompetenzen zu erweitern. Den KlientInnen mehr anzubieten. Diese Perspektive kann ja auch Freude machen. Aber das wird sich jetzt für eine Person, die eher verunsichert oder gar verärgert ist, eher dumm anhören.

Wie auch immer – muss man sich beeilen?

Zeit gibt es eigentlich genug. Therapeutische Massage, also EMR 33, ist wie gesagt erst ab 1. Januar 2022 registrierbar. Und für das EMR muss die verkürzte Aufschulung erst bis 31. Dezember 2026 abgeschlossen sein, da zählt das Prüfungsdatum. Für die Krankenkassen aber – und das ist wichtig und schränkt die Zeit dann doch ein – gilt der 1. Januar 2022. Bis dahin werden höchstwahrscheinlich auch die Kassen wissen bzw. kommunizieren, ob sie die 33 anwählen und ob sie die 81, 102 und 111 abwählen. Es ist eine verzwickte Situation.

Danke, Hein, für das Gespräch.

 

Aus dem EMR-Newsletter vom 31. Oktober 2019:
«Meilenstein: Neue Massagemethode bietet viele Chancen»

EMR-Richtlinien:
Zur Registrierung der Methode Nr. 33, Therapeutische Massagen

EMR-Merkblatt:
Zur Registrierung der Methode Nr. 33, Therapeutische Massagen

Unsere Aufschulung zu EMR 33 – Voraussetzung: Sie sind seit mindestens zwei Jahren unter mindestens einer dieser EMR-Methoden registriert: 81, 102 oder 111; oder 34, 52, 70, 155, 163, 213, 240:
Therapeutische Massage – Aufschulung

Unsere Ausbildung zu EMR 33 – keine Voraussetzungen nötig und interessant für aktuelle StudentInnen der Fussreflexzonen- und Klassischen Massage sowie der Manuellen Lymphdrainage, die ggf. ihre Ausbildung anpassen möchten:
Therapeutische Massagen

Überblick
Alle unsere Massage-Praktiken-Ausbildungen

https://www.heilpraktikerschule.ch/newsroom/news-detail/news/2019/11/13/es-gibt-den-idealfall-und-den-schlimmen